Häufig gestellte Fragen (FAQ)

1. Wann kann ein Bürgerrat in Vorarlberg einberufen werden?

Ein Bürgerrat kann von einer Gemeinde, von einer Region, vom Vorarlberger Landtag oder von der Vorarlberger Landesregierung einberufen werden. Seit 2013 ist in der Vorarlberger Landesverfassung im Artikel 1 Absatz 4 partizipative Demokratie festgeschrieben. Außerdem gibt es seit 2013 eine Richtlinie die besagt, dass mittels mindestens 1000 Unterschriften von teilnahmeberechtigten Bürger:innen unter Angabe des Namens und der Anschrift ein Bürgerrat „von unten“ einberufen werden kann. 

2. Wie werden die Teilnehmenden ausgewählt?

Die Teilnehmenden werden in Vorarlberg unter Einhaltung der gültigen Datenschutzbestimmungen zufällig über das zentrale Melderegister vom Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung (ehemals Büro für Zukunftsfragen) ausgewählt. Damit die Bevölkerung möglichst gut in einem Bürgerrat repräsentiert ist, werden bei der Auswahl das Geschlecht sowie drei Altersgruppen berücksichtigt. Je nach Themenstellung sind weitere Auswahlkriterien möglich. Die Teilnahme an einem Bürgerrat ist freiwillig.

3. Wie läuft ein Bürgerrat genau ab?

Ein Bürgerrat dauert meistens eineinhalb Tage. Oft beginnt er am frühen Freitagnachmittag und endet am späten Samstagnachmittag. Am Freitag gibt es, falls das Thema vorgegeben ist, eine kurze Einführung dazu. Die Teilnehmenden werden über den Ablauf informiert und dann geht es auch schon los mit Dynamic Facilitation (siehe FAQ 4.). Am Samstag gibt es noch einmal eine Dynamic Facilitation – Einheit. Danach werden die Ergebnisse zusammengeführt und ein gemeinsam getragenes Statement ausgearbeitet. Gegen Ende bereiten sich die Teilnehmenden auf die Präsentation ihres Statements im Bürgercafé (siehe FAQ 5.) vor.

4. Was ist Dynamic Facilitation?

Dynamic Facilitation ist eine offen moderierte Gruppendiskussion – idealerweise für 8-20 Personen. Alle Teilnehmenden sitzen im Halbkreis vor vier Flipcharts. Davor steht der/die Moderator:in, dokumentiert alle Beiträge der Teilnehmenden und ordnet sie direkt einer der vier Kategorien Fragen/Herausforderungen, Lösungen/Ideen, Bedenken/Einwände und Informationen/Sichtweisen zu. Es gibt keinen roten Faden in der Diskussion und Emotionen haben Platz. Jede:r darf und soll sich zu Wort melden. Alle müssen einander ausreden lassen und einander zuhören. Wünsche, Sorgen und Ideen werden direkt und unmittelbar hervorgebracht. Dadurch treten nicht bedachte Meinungsunterschiede hervor. Im besten Fall erlangt die Gruppe einen gemeinsamen kreativen Durchbruch, der die Spannung innerhalb der Gruppe löst und unerwartete, kreative Lösungen hervorbringt, die von allen Teilnehmenden getragen werden.

5. Was ist das Bürgercafé?

Das Bürgercafé ist eine öffentliche Veranstaltung, an der alle interessierten Personen teilhaben können. Außerdem sind relevante Vertreter:innen aus Politik, Verwaltung, Interessensvertretungen und Expert:innen vor Ort. Im Bürgercafé werden die Ergebnisse aus dem Bürgerrat von dessen Teilnehmenden selbst präsentiert. In zwei Runden werden die Ergebnisse in Kleingruppen diskutiert und ergänzt.

6. Was passiert in der Resonanzgruppe?

Die Aufgabe der Resonanzgruppe ist es, alle relevanten Stakeholder in den Prozess miteinzubeziehen und sie rechtzeitig abzuholen. So kommt es bereits vor dem Bürgerrat zu einem Treffen oder zumindest zur Absprache relevanter Stakeholder, um eine gewisse Verwertbarkeit der potenziellen Ergebnisse zu gewährleisten. Nach dem Bürgerrat werden die Ergebnisse in der Resonanzgruppe abermals von Teilnehmenden des Bürgerrats präsentiert. Relevante Vertreter:innen aus Politik, Verwaltung, Interessensvertretungen und Expert:innen überprüfen die Ergebnisse dann auf deren Umsetzbarkeit und weiterführende Maßnahmen.

7. Was passiert nach einem Bürgerratsprozess?

Die Ergebnisse der drei Prozessschritte (Bürgerrat, Bürgercafé, Resonanzgruppe) werden in einem Bericht zusammengefasst. Diesen erhalten alle Teilnehmenden des Prozesses und er ist auch für alle Interessierten öffentlich einsehbar. Die Teilnehmenden des Bürgerrats erhalten eine Rückmeldung darüber, was mit ihren Ergebnissen passiert und werden idealerweise über weitere Schritte und Maßnahmen informiert.

8. Wie viele Bürgerräte haben bisher in Vorarlberg stattgefunden?

Bisher fanden in Vorarlberg über 40 Bürgerräte statt.

9. Welche Faktoren sind für die erfolgreiche Durchführung eines Bürgerratsprozesses wichtig?

  • Die Teilnehmenden eines Bürgerrats sollten die relevante Bevölkerung möglichst gut repräsentieren.
  • Das Thema eines Bürgerrats sollte eine hohe aktuelle Relevanz haben und kein belangloses Thema sein. Das heißt, es wäre gut, wenn in der Bevölkerung diesbezüglich eine gewisse Betroffenheit zu spüren ist.
  • Bürgerräte machen nur Sinn, wenn sie früh genug in einem Entscheidungsfindungsprozess stattfinden.
  • Wenn zu bestimmten Thema eingeladen wird, ist es von Vorteil, wenn es ein gewisses „Erntegefäß“ gibt (z.B. politische Strategien, Konzepte, etc.).
  • Der Entscheidungsspielraum für den jeweiligen Bürgerratsprozess sollte klar kommuniziert werden, damit keine falschen Erwartungshaltungen entstehen.
  • Gut ausgebildete Moderator:innen sind wichtig.
  • Eine begleitende mediale Berichterstattung (Zeitungen, Fernsehbeiträge, etc.) vor und nach dem gesamten Bürgerratsprozess ist von großem Vorteil. Generell ist es essentiell, dass der gesamte Prozess möglichst transparent abläuft, also z.B. der aktuelle Stand auf einer Website einsehbar ist oder, falls angedacht, die Ernte z.B. über ein Onlinetool erfolgt, das öffentlich einsehbar ist.  

10. Wo werden Bürgerräte sonst noch durchgeführt?

Bisher werden Bürgerräte in Deutschland, Italien (Südtirol), Österreich, Schweiz, Kanada und der USA (wisdom council) durchgeführt.

11. Was sind die Ursprünge des Bürgerrats?

Das Beteiligungsverfahren wurde ursprünglich von Jim Rough (USA) entwickelt und nennt sich im englischen Original „Wisdom Council“. Manfred Hellrigl und das damalige Büro für Zukunftsfragen adaptierten den Prozess 2006 für Vorarlberg. Der Bürgerrat wird seitdem laufend weiterentwickelt.

12. Wer kann einen Bürgerrat moderieren?

Das Herzstück des Bürgerrats ist Dynamic Facilitation. Deshalb ist es wichtig, dass ausgebildete Dynamic Facilitation Moderator:innen den Prozess begleiten.

13. Wer kann bei der Durchführung eines Bürgerrats in Vorarlberg unterstützen?

Ansprechpartner für die Durchführung eines Bürgerrats in Vorarlberg ist das Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung (ehemals Büro für Zukunftsfragen).

Büro für Freiwilliges Engagement und Beiteiligung
Jahnstraße 13-15
6900 Bregenz
T +43 5574 511 20605
beiteiligung@vorarlberg.at

14. Wann ist ein Bürgerrat nicht geeignet?

  • Um Entscheidungen zu treffen
  • Wenn es darum geht, eine möglichst große Zahl an Menschen zu beteiligen
  • Um Bürger:innen über Projekte und Politiken zu informieren
  • Wenn kein Gestaltungsspielraum vorhanden ist bzw. die Ergebnisse schon vorab fixiert sind
  • Wenn es von Seiten der politischen Entscheidungstragenden (Gemeinderat, Landesregierung, …) keine Einigung darüber gibt, ob ein Bürgerrat stattfinden soll (Voraussetzung ist einstimmiger politischer Beschluss) – also bei fehlendem politischen Willen

15. Wie viel kostet die Durchführung eines Bürgerrats?

Die Unterstützung in der Organisation wird vom Büro für Freiwilliges Engagement und Beteiligung getragen. Für die Gemeinde fallen folgende Aufwände an: Einladungsversand und Recherche, Raummieten, Dynamic Facilitation Moderation, Verpflegung sowie Bewerbung. Für einen Bürgerrat auf Gemeindeebene ist mit Kosten von ca. Euro 6.500,- zu kalkulieren.